Apartheid in Deutschland

Protest gegen rassistisches Gesetz

“Apartheid in deutschland – Residenzpflicht abschaffen!” hieß es, als in Sachsen-anhalt Flüchtlinge und AntirassistInnen am 26. Mai 2009  gegen die Residenzpflicht demonstrierten und gegen die landkreisbestimmung im Saalekreis, die zehn Euro Gebührenzahlung von flüchtlingen für einen “urlaubsschein”, nur um landkreis oder bundesland zu verlassen, verlangt.  Es wurde zunächst in Halle/ Saale vor dem Verwaltungsgericht demonstriert. Von hier ging es dann mit dem Bus weiter nach Merseburg zur Ausländerbehörde. In Merseburg gab es von Beginn an Schikanen durch Polizei und Ordnungsamt. Das machte deutlich, dass sich die behörde von diesem friedlichen flüchtlingsprotest empfindlich getroffen fühlte. Die teilnehmenden der veranstaltung waren solidarisch, friedlich, selbstbewusst und voller Respekt für die erschütternden Berichte aus dem Leben eines der Flüchtlinge, der während der veranstaltungen seine stimme gegen rassismus erhob und auch von dem eigenen erlebten erzählte. Es war trotz der Momente der repression ein sehr guter gemeinsamer tag, danke an alle unterstützerInnen!

Demo in HalleAufgerufen hatte zu der Demonstration die Initiative Togo Action Plus. Ein Aktivist aus dieser initiative hatte in 2007 in Halle gegen die gebührenauflage von 10 Euro geklagt, doch bis jetzt wurde die Klage nicht bearbeitet. Mit der demo protestierten wir deshalb gegen die Gebühr und gegen die verschleppung der klage beim verwaltungsgericht. Zugleich wendeten sich die demonstrantInnen auch grundsätzlich gegen das rassistische gesetz der Residenzpflicht in deutschland (§ 56 im Asylverfahrensgesetz), das Flüchtlinge zwingt, jedes Mal, wenn sie den Landkreis oder das Bundesland verlassen wollen, einen antrag dafür bei der ausländerbehörde zu stellen. Eine Auflage, die es in ganz Vor dem Verwaltungsgericht in HalleEuropa nur in deutschland gibt, und die die Bewegungsfreiheit für Flüchtlinge massiv einschränkt. Sie bekommen oftmals keinen “urlaubsschein”, wenn sie Freunde oder Familie in einem anderen Landkreis besuchen wollen und werden gezwungen, in den Regionen der flüchtlingslager zu bleiben, in den bewaldeten Gegenden oder in den Industriegebieten und Peripherien der Städte. Rassistische polizeikontrollen auf der straße sind zudem mit der Residenzpflicht eine alltägliche Praxis – apartheid in deutschland, während politikerInnen und promis das deutsche grundgesetz feiern und uns die ohren vollsülzen von der vermeintlichen demokratie, in der wir leben.

70 TeilnehmerInnen gingen am Dienstag in Halle/Saale auf die Straße, später in Merseburg etwa 50, dabei UnterstützerInnen von der Flüchtlingsorganisation The Voice, von der Initiative in Gedenken an Oury Jalloh und der Flüchtlingsinitiative Brandenburg und solidarische einzelpersonen. Mit Sprechchören: “Residenzpflicht – abschaffen! Lager- abschaffen!” und Redebeiträgen ging es in Halle vom Bahnhof die Merseburger Straße entlang – nur die halbe Fahrbahn wurde uns von den grünen zugebilligt! – bis zum Verwaltungsgericht. Nebenbei wurde das eine und andere Npd-Plakat entsorgt. Vor dem Verwaltungsgericht hielten wir eine Kundgebung ab.

Komi E., Vizepräsident der Initiative Togo Action Plus, Flüchtling in Deutschland, konfrontierte die Öffentlichkeit mit seinem Bericht vom erlebten Unrecht – rassistischem alltag mit beschimpfungen, gewalterfahrung, nazi-angriffen, ständigen polizeikontrollen, dem jahrelangen Verbannt-sein in eine menschenunwürdige Behausung. “Das ist unerträglich! – es gibt kein Menschenrecht in Deutschland!” “Ich mußte im Wohnheim mit Kakerlaken wohnen, schlafen!”, “Sie wollen uns nur kontrollieren, wir sind immer das Objekt für Polizeikontrollen!” “Wenn wir uns im Land bewegen wollen, verlangen sie noch zehn Euro Gebühr!” Immer wieder die Frage: “Warum?” und: “Ist das Menschenrecht?”

So mussten sich einmal die PassantInnen und die BeamtInnen, die im Justizzentrum Halle ein und aus gingen oder aus dem Fenster sahen, eine echte Stimme anhören, die anklagte, überströmte von Erfahrungen, die hastete und fragte – eine Kehrseite zu ihren Paragraphen und zu den monotonen lebensfernen reden aus den medien. Ein Mensch muss schreien, wenn die, die antwort geben sollen, so weit weg sind. Ich werde diese veranstaltung nie vergessen.

Komi E. erinnerte auch an die kolonialistische Entsprechung zur heutigen Residenzpflicht- schon in den deutschen Kolonien verboten die Besatzer die freie bewegung der bevölkerung. Auch verstoße die heutige residenzpflicht gegen die Konvention der Menschenrechte und gegen Art. 3.3 des Grundgesetzes, das die Diskriminierung aufgrund Rasse, Herkunft…untersagt. Komi E. hatte die Klage gegen die Gebührenzahlung beim Gericht erhoben. Er forderte im Namen der Togo Action Plus die Abschaffung der Gebühr für den “Urlaubsschein” und die Abschaffung der Residenzpflicht.

Es wurde außerdem in weiteren Redebeiträgen an den Flüchtling Felix Otto in thüringen erinnert, der nun in im gefängnis sitzt, und zu acht monaten haft verurteilt worden war – wegen residenzpflichtverstößen. Die TeilnehmerInnen der kundgebung forderten seine sofortige freilassung.

Ein weiterer Aktivist berichtete von der Situation der flüchtlinge im lager Möhlau, Saalekreis, einem lager im wald, in dem sie abgeschottet von der gesellschaft leben müssen. Die flüchtlinge erhalten hier so gut wie nie “urlaubsscheine” von der behörde. Auch die wohnsituation (ehemaliges nva-gebäude, völlig marode) und die medizinische Versorgung sind äußerst desolat. Die bewohnerInnen beschreiben ihre situation in dem heim auch als “kasernierung”. Bei krankheit dauert es drei tage, bis die bewohnerInnen einen krankenschein erhalten. Ein anderer redebeitrag der kundgebung wendete sich gegen die feierlaune in diesen Tagen, da das 60-jährige Bestehen des Grundgesetzes zum anlass für parties und nationalistische töne genommen wird.

GetAttachment.aspxSprecher der initiative in Gedenken an Oury Jalloh prangerten die rassistische polizeigewalt in deutschland an, die eine tägliche bedrohung für flüchtlinge darstellt. Sie erinnerten daran, dass auch oury jalloh aufgrund der residenzpflicht kontrolliert und zum opfer rassistischer polizeigewalt wurde. OURY JALLOH- DAS WAR MORD!

In Merseburg wollten die demonstrantInnen vom bahnhof aus vor die Landkreis-Ausländerbehörde ziehen – eine angemeldete demonstration. Doch am bahnhof angekommen, ging es los mit Einschüchterungsversuchen der Behörden. Bemerkenswert ist z. B. das gemeinsame Auftreten von vertreterinnen des ordnungsamtes mit der polizei. Zwei oder drei ordnungsamt-sprecherInnen traten zusammen mit mehreren polizistInnen an die veranstalterInnen heran. Zunächst wurde die Position des lauti-wagens (der zur abfahrt für die demo bereitstand) zu einem problem erklärt, dann forderten ordnungsamtssprecherinnen, dass eine mehrseitige “verwaltungsordnung” gelesen und der erhalt durch den flüchtling Komi E., der nicht anmelder der demo gewesen war, schriftlich unterzeichnet wurde.

Kurios war u. a. eine klausel in dem betreffenden papier, bei der sich das ordnungsamt im verlauf der demo “weitere auflagen” “aufgrund von gefahr für leben oder gesundheit(…) vorbehält”. Das betreffende, für Ordnung und neuerdings auch für Lebensgefahr zuständige, Amt verlangte außerdem: dass die DemonstrantInnen auf dem Fußweg gehen, dass die Demo-ordner ihre personalien hergeben, und etliche absurditäten mehr. Das lehnten wir ab, und wir verfassten vor Ort einen schriftlichen Widerspruch. Es wurde von Komi E. nur der erhalt des Schriftstücks schriftlich bestätigt. Danach gingen wir los. Team Green filmte eifrig, so wurde aus einem Kameraauto heraus gefilmt. Auch ein mysteriöser Kameramann, der sich für einen mdr-menschen ausgab, aber ganz offensichtlich keiner war, filmte die ganze Zeit über und hielt immer wieder vertrauliche gespräche mit den polizisten. Auch eine Ordnungsamtsdame richtete einen foto-oder filmapparat dreist aus nächster Nähe auf die demonstrantInnen.

Auf dem Domplatz vor der ausländerbehörde hielten wir eine weitere kundgebung ab, forderten die abschaffung der residenzpflicht und wandten uns gegen den behördenrassismus in deutschland. Komi E. berichtete außerdem, dass diese Ausländerbehörde ihn seit dem Beginn seiner Faxkampagne gegen die Residenzpflicht (Faxschreiben an diese betreffende Ausländerbehörde, die die abschaffung der gebühr von 10 Euro fordern) im Mai dieses Jahres einzuschüchtern versuchte: So hatte er wenige Tage nach Beginn der Kampagne ein Schreiben der ausländerbehörde erhalten, in dem sie eine hohe zahlung “wegen paßbeschaffungsgebühren” verlangte also die kosten für eine frühere botschaftsanhörung, die jetzt urplötzlich berechnet werden. Komi E. wurde vor Jahren zu dieser zwielichten anhörung vorgeladen. Solche Kosten dürfen aber von der Behörde nicht erhoben werden, wie der Anwalt uns mitteilte. Ein deutlicher Fall von Einschüchterung.

Die Veranstaltung verlief in friedlich angeregter Stimmung, mensch ruhte sich auf dem Boden sitzend in der zaghaften Sonne aus, es wurde getanzt und es war schön, an diesem Ort die Reggae-Klänge von der Musik von “The Most Wanted” anzuhören: “Wie lange noch muss ich leiden – wie lange noch willst du schweigen?”

Stressig war nur das repressive Klima während der Veranstaltung, denn Polizei und Ordnungsamtswachteln fixierten uns die ganze Zeit über, und anstatt unsere angemeldete Veranstaltung zu schützen, stützten die BeamtInnen unmutige bis feindselige Bemerkungen mancher vorübergehender PassantInnen. Auch kam es später, als die Mehrzahl der DemonstrantInnen im Bus abgefahren war, zur Verhängung eines “Ordnungsgeldes”, weil ein Aktivist der Oury-Jalloh-Gedenkinitiative über Bahngleise gelaufen wäre.

Hingegen war die Stimmung bei den Teilnehmenden der Kundgebung friedlich, freundschaftlich und solidarisch, so dass von dieser Veranstaltung eine mutmachende Erinnerung verbleibt! Das ungute Klima in Merseburg zeigte uns jedoch, dass diese Stadt noch nicht optimal auf das Phänomen: “Flüchtlingsdemo in Sachsen-Anhalt”, und: “Demokratie verteidigen in Merseburg” vorbereitet ist. Aller Anfang ist schwer. Es ist immerhin im tiefsten Sachsen-Anhalt, vergessen wir das nicht. Aber da können wir sicher weiterhelfen. Und damit sich die BeamtInnen besser an den Anblick demonstrierender Flüchtlinge gewöhnen, werden wir auch ganz bestimmt wiederkommen, versprochen! Abschaffung der Residenzpflicht jetzt! Gegen Behördenrassismus und Polizeigewalt!

Bewegungsfreiheit ist Menschenrecht!

Die Togoisch-Deutschen Beziehungen heute

Die Togoisch-Deutschen Beziehungen: Menschenrecht auf der Wartebank

Der Staatsbesuch 2009

Als der Präsident Togos, Faure Gnassingbé, nach Berlin kam, geschah dies unter sonderbaren  Zeremonien. Sein Besuch in Deutschland vom 15. bis zum 20. Juni war kaum angekündigt worden – ein einziger lakonischer Satz auf der Homepage des Bundespräsidenten vermerkte die Tatsache, dass Gnassingbé mit militärischen Ehren in Bellevue empfangen wurde. In den deutschen Zeitungen sucht man vergebens nach einem aufschlussreichen Bericht, nicht einmal eine Notiz findet sich in den meisten der täglichen Presseorgane – weder vor noch nach Gnassingbés Besuch. Ein seltsamer Staatsbesuch: mit militärischen Ehren, aber durch die Hintertür.

Und das stand auf dem Programm: ein Empfang bei Präsident Köhler, Begrüßung durch Kanzlerin Merkel, ein gemeinsamer Besuch eines deutsch-afrikanischen Fußballspiels und später: Wirtschaftsgespräche http://www.ebcam.org/membAE.html bei der Konferenz mit dem Afrika-Verein der deutschen Wirtschaft, dem Deutschen Bundesverband des Großhandels und interessierten Investoren. Dann auch noch ein Abstecher nach Bayern zur Hans-Seidel-Stiftung, und dem Sitz des Deutschen Unternehmens für Luft- und Raumfahrt.

“Das heutige Treffen ist ein Türöffner für eine engere Beziehung, die wir in der Zukunft  anknüpfen wollen,” äußerte Merkel. Sonderbar, allerdings, auf der Seite der Gastgeber die öffentliche Berichterstattung so weit aus dem Spiel zu lassen, dass bloß hauptsächlich die gesellschaftliche Elite solch eine Anknüpfung mitbekommt – die Regierungsrepräsentanten, Unternehmer und Führungen von Handelsverbänden und Stiftungen für Wirtschaftsprojekte von deutscher Seite, und der Präsident und die Minister von Handel, Entwicklung und Zusammenarbeit und von Arbeitgeberverband auf togolesischer Seite. (Merkels Zitat vom Treffen entnahmen wir von dem Bericht der Diplomaten-Website des German Information Centres in Pretoria.)  Vielleicht gab das Zusammentreffen für die deutschen Tageszeitungen ja ein Rätsel auf, das nicht zu lösen war – die allzu deutliche Marginalisierung sozialer und politischer Probleme in Togo bei dem Treffen. Denn es war zumindest klar, dass es in den Gesprächen nicht um den Stand der Demokratie in Togo gehen sollte, nicht um die Frage, wie Gnassingbés Regierung mit den erklärten 22 Engagements für Demokratie vorankommt, und nicht um die Frage, wie sie sich zum neuen Report des amerikanischen Departments für Menschenrechte, und dem Bericht von Amnesty International stellt, der alles andere als demokratisch klingt.

Nein, es waren eben wirtschaftliche Themen, die hier auf den Tagesplan gesetzt worden waren, während frühere mühselige Diskussionen von europäischer Seite, seit Faurés Selbsteinsetzung in die Regierung in 2005, auf Eis gelegt sind. Fraglich, ob die Bundesregierung klug handelt, ob sich überhaupt Menschenrechte auf Eis legen lassen?

Die früheren Kolonisatoren sind wieder für Handelsbeziehungen

Wir ahnen es – das liberale westliche Argument würde hier lauten: “Der Handel mit Togo ist die ausgestreckte Hand der EU für die diplomatischen Beziehungen, für  Beziehungen auf gleicher Augenhöhe. Das nützt auch der Bevölkerung des Landes, und bringt Arbeitsplätze etc.” Die Liberalen waren und sind auch immer die großen Fürsprecher der Weltbank und ihrer Monopolpolitik, welche wenig Augenmerk auf die Bevölkerung, auf landeseigene Strukturen der jeweiligen Objektländer legt, sondern immer die Investitionen und die Gewinnerzeugung zugunsten der westlichen Konzerne steuert. Es ist ein postkoloniales Denken, das sich an die materiellen Reichtümer, die Bodenschätze eines Landes festheftet, um darin Fuß zu fassen, ein Denken, das die europäischen Regierungen dazu bringt zu behaupten, von dieser – einträglichen- Position aus könnten sie auch Schritte für den politischen und sozialen Wandel im Land bewirken. Solch eine Position ist für den Westen wahrlich vorteilhaft, sie bringt die Rohstoffe, die billigen Arbeitskräfte, die niedrigen Zölle ein. Und darüber hinaus – aus welchem Grund auch immer – den schönen Ruf, Demokratie zu fördern.

Was dieses liberale Argument betrifft, müssen wir darauf hinweisen:

Die Demokratie ist Togo mit der Kolonialisierung durch Deutschland im 19. Jahrhundert genommen worden. Auch noch die Gewaltherrschaft des Vaters Gnassingbés nach dem Ende der Kolonialisierung, die soziale Misere, die Entkräftung der Menschen gehen auf das Konto des Westens. Die Bevormundung, die Unterwerfung, die Spaltung eines Landes und seiner Bevölkerung durch die Kolonisatoren brachten ein Erbe mit sich, das bis jetzt viele Jahrzehnte andauerte, und dessen Ende nur die Demokratisierung von unten, durch die oppositionellen Kräfte in Togo, sein kann.

Deutschland führt jetzt mit dem Regimeführer Fauré Gnassingbé, der seit seinem Militärputsch in 2005 umstritten bleibt, Gespräche über die Verteilung der Bodenschätze und über Wirtschaftsreformen – über die Köpfe der Opposition Togos und der Bevölkerung hinweg. Zugleich bleiben Kritikpunkte, die die EU früher an Fauré anmeldete, etwa an Zensur, und an Menschenrechtsverletzungen in Gefängnissen, diskret unter dem Tisch. In der Einladung zum Treffen mit dem togoischen Präsidenten, auf der Website des European Business Council for Africa and the Mediterranean hieß es u. a.: “Die Ausbeutung der großen Eisenerz-, Gold und Diamantenvorkommen wird zurzeit noch nicht im industriellen Maßstab betrieben.”

Die deutsche Politik sollte sich nicht an Gesprächen mit diesem Diktator orientieren. Doch auch eine separatistische Haltung, wie in anderen afrikanischen Regionen, stünde Deutschland nicht an. Erstes Gebot wäre: ein faires Asylverfahren für die politisch verfolgten Flüchtlinge Togos, die nach Deutschland gekommen sind. Zweites Gebot wäre: über die demokratischen, die oppositionellen Kräfte in Togo zu berichten, damit die Welt von ihnen erfährt. Und schließlich müssten diese Kräfte, darunter die UFC, die Union des Forces pour le Changement in Togo, argumentatorisch gestützt  werden, damit ihre Regierungsbeteiligung mehr ist als  eine Farce.

Europas Verhältnis zu Gnassingbé – ist der Amnesty-Report Nebensache?

Faure Gnassingbé ist nach dem Tod seines Vaters, des langjährigen Diktators und Gewaltherrschers Gnassingbé Eyadema, im April 2005 an die Macht gekommen. Dabei ließ er die Verfassung außer Kraft setzen, das Land vom Militär kontrollieren und Aufstände blutig niederschlagen. Hunderte Tote wurden in dieser Zeit gezählt. So setzte Fauré seine Herrschernachfolge durch, die letztlich eine Dynastiefolge war, und hatte zunächst mit internationaler Kritik und Isolation dafür zu büßen. So wurde Fauré zunächst von der EU nicht anerkannt. Im April 2005 brannte die deutsche Botschaft in Lomé bis auf die Grundmauern nieder. Es war ein Anschlag der Gnassingbé-Milizen, die glaubten, Deutschland würde die Opposition unterstützen.

In jener Phase hatte z. B. die deutsche Regierung mit Antrag der CDU im Bundestag einen Einsatz für “Demokratisierung”, für gerechte Wahlen in Togo gefordert, und dabei ein Argument der Opposition der UFC, der “Union des Forces pour le Changement” (Union der Kräfte für den Wandel), gestützt. Doch bewies Deutschland, wie auch die EU, einen langen Atem mit Gnassingbé. Es folgte ein Jahr mit wenigen diplomatischen Beziehungen, doch gab es eine eindeutige Stoßrichtung von der Seite der EU. Mit der Afrikanischen Union übte die EU Druck auf Gnassingbé aus und erkannte ihn zugleich als Präsidenten an, indem sie Reformen von ihm verlangte. In dieser Richtung war dann der Premierminister von der gemäßigten Oppositionspartei Patriotic Pan-African Party Edem Kodjo, gleichsam wie ein Unterhändler, tätig. Er schlug die Einrichtung einer “Wahrheits- und Versöhnungskommission” vor, die die begangenen Bluttaten des Vaters Gnassingbés in irgendeiner Form  aufarbeiten sollte. Über die konkreten Maßnahmen gibt es jedoch bis heute keine Klarheit. So wurde in 2007 ein Accord Politique Générale, ein allgemeines politisches Übereinkommen geschlossen, bei dem sich Faurés Regierungspartei “Rassemblement du Peuple Togolais” (”Vereinigung des Volkes von Togo”) RPT zu  22 “Engagements” im Sinne dieser Wahrheits- und Versöhnungskommission verpflichtete. Doch eine Umsetzung dieser 22 Punkte ist bis heute nicht deutlich gegeben – was die Oppositionspartei  UFC in Togo angeht, so kritisiert sie, dass es keinen sichtbaren Erfolg des Abkommens gebe, und diese Partei prangerte im Dezember 2008 an, dass sie an der Umsetzung der 22 Ziele, welche mehr Demokratie in Togo bringen sollen, nicht beteiligt würde, ebenso wenig die Zivilgesellschaft.

Immer weniger Fragen – immer mehr Einverständnis

In immer besserem Licht sah jedoch Deutschland die Regierung Gnassingbés. Ziemlich einhelliges Lob hatten die Parlamentswahlen vom Herbst 2007 erhalten, welche ohne größere Konflikte verliefen, obwohl bei diesen Wahlen mutmaßlich Betrug eingesetzt wurde.

Die Opposition durfte sich im Wahlkampf darstellen, doch konnte die RPT durch viel Geld im Wahlkampf das Ergebnis beeinflussen, das zudem sicherlich manipuliert wurde. Die größte Oppositionspartei UFC zog mit 27 Abgeordneten in das Parlament ein, doch in das Präsidium des Parlamentes wurden nur RPT-Vertreter gewählt. Seit 2007 meldet die UFC immer wieder ihre Kritik an der RPT an, die mit Beschlüssen über sie hinweggehe.

Der Westen wertete diese Wahlen als einen positiven Schritt. Seitdem wurden von Deutschland nurmehr wenige Informationen von Gnassingbes Regierung über deren Fortschritte verlangt. Der deutsche Außenminister Steinmeier besuchte Togo am 11. Februar 2008, und signalisierte damit die Bereitschaft zu einem Neubeginn in den bilateralen Beziehungen.

Es zeichnete sich fast so etwas wie Einvernehmen in der Beziehung der EU zum Präsidenten Togos und der RPT ab. So vermerkt heute das Auswärtige Amt in seinen Angaben zu Togo, dessen Präsident habe “energische Schritte” für die Demokratisierung unternommen, die Verhältnisse hätten sich “deutlich verbessert”.

Jedoch spricht der Report des amerikanischen Departments für Menschenrechte vom Februar 2009, wie auch der Bericht von Amnesty International von Mai 2009, eine andere Sprache.

In letzterem heißt es: “Im Januar 2008 erwähnte der UN-Sonderberichterstatter über Folter in einem Bericht das Engagement der Behörden im Kampf gegen die Folter. In den meisten von ihm besuchten Polizeiwachen und Gendarmerieposten fand der Sonderberichterstatter jedoch Beweise dafür, dass Beamte mit Polizeibefugnissen Häftlinge bei Verhören misshandelten und dass Gefängnisaufseher Häftlinge schlugen, um sie zu bestrafen. Er stellte mit Besorgnis fest, dass jungen Menschen und Kindern in Haft Prügelstrafen drohten und dass die Haftbedingungen unmenschlicher Behandlung gleichkamen.”

Auch der amerikanische Report über Menschenrechte vermerkt für 2008 eine Vielzahl von Menschenrechtsverletzungen wie Folter, Misshandlung, Vergewaltigung, sowie fortgesetzte Unterdrückung der Pressefreiheit. http://www.ufctogo.com/Rapport-2008-du-Departement-d-Etat-2076.html

Angesichts dessen verwundert das Ausbleiben von Fragen der EU zu der Beschaffenheit von Gnassingbés “Demokratie”. Es sieht danach aus, als hätte sich die EU für ein Verstummen über das Unrecht entschieden, und für eine kritiklose Wideraufnahme der Handelsbeziehungen mit Togo- im Zeitalter der knapper werdenden Rohstoffe. Wir verurteilen die Haltung der Bundesregierung in dieser Sache aufs schärfste.

Die Konflikte und die Lebenseinschränkungen für die Bevölkerung in Togo gehen weiter. Darauf verweisen z. B. die Streiks der Studenten und der Schulangestellten in Togo, zu Anfang des Jahres 2009. Darauf verwies auch der große Protestmarsch vom 21. Juni in Lomé gegen die selbstherrliche Politik von Gnassingbé und der RPT. Auch der rätselhafte Tod des Oppositionellen Atsutsé Agbobli in 2008, welcher Präsident der Bewegung für Nationale Entwicklung gewesen war, gibt ein Signal für die fortdauernden Missstände im Land. Die Todesumstände blieben auch mit der offiziellen Begründung Selbstmord ungeklärt, die UFC fordert derzeit die Einsetzung einer unabhängigen Untersuchungskommission.

Die EU, die mit großen Kräften an der Abschiebung von Flüchtlingen arbeitet, sollte sich auf die einzige Aufgabe besinnen, die sie erfüllen kann und die wirklich human und diplomatisch wäre: das Gewähren von Asyl für politisch Verfolgte. Den Stopp der unfairen Botschaftsanhörungen mit togoischen Regierungsangehörigen, den Stopp der Abschiebungen. Und die freie Berichterstattung über die Basis, welche sich für die Demokratie in Togo einsetzt.

TAP – 26.06.09