Felix Otto wurde abgeschoben!

Bericht von The Voice Refugee Forum von 25.8.2009: Thüringen schiebt Felix Otto ab //
Zwei-Klassen-Rechtsstaat // Auf Heimreise geschickt
http://thevoiceforum.org/node/1373
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Bericht von The VOICE Refugee Forum zur Abschiebung von Felix Otto

Frankfurt, 25.8. 2009

Heute, am 25.8.2009 um 10.40 wurde der VOICE-Aktivist Felix Otto mit einer
Air France Maschine über Paris nach Douala/Kamerun abgeschoben. Die
Abschiebung wurde ungeachtet massiven öffentlichen Protests durchgeführt.

Wir möchten uns zuerst bei allen bedanken, die so engagiert die Kampagne
gegen die Abschiebung von Felix Otto und gegen das Apartheid/Nazigesetz, die sogennante „Residenzpflicht für Flüchtlinge“ gekämpft haben. Ohne Euch und Kampf zusammen mit uns hätten wir nicht die Öffentlichkeit erreicht,
die wir erreicht haben. Die Abschiebung von Felix Otto ist ein Grund mehr, warum wir unsere Kampagne gegen dieses rassistische System Deutschland bekräftigen und fortführen müssen.

In Kamerun wird auch von Menschenrechtaktivisten beobachtet, was mit Felix Otto passieren wird. Wir dokumentieren alles und die Öffentlichkeit hier und in der Heimat wird erfahren, wie barbarisch und menschenverachtend diese Gesellschaft wirkt. Wir haben nicht aufgegeben und werden dies nie tun, bis die MigrantInnen ihre Stimmen erheben und das Schweigen bricht.

Seit Monaten stand der Fall Felix Otto im Licht der Öffentlichkeit, da er deutlich zeigte, wie das Apartheidsgesetz der Residenzpflicht nicht nur als Mittel rassistischer Ausgrenzung wirkt, sondern der Kriminalisierung, Kontrolle und Abschiebung von Flüchtlingen dient. Felix Otto war am 30. März 2009 verhaftet und wegen Verletzung der Residenzpflicht, die den Aufenthalt von Asylbewerbern auf einen einzigen Landkreis beschränkt, zu einer achtmonatigen Gefängnisstrafe verurteilt worden.

Seit Ende Juni begann die Ausländerbehörde seine Abschiebung
vorzubereiten. Am Mittwoch, den 19. August, erhielt seine Anwältin durch das Landesverwaltungsamt Thüringen die Information, dass für den heutigen Dienstag die Abschiebung mit einem Charterflug angesetzt sei. Dies war eine skandalöse Falschinformation; tatsächlich war für die Abschiebung von Anfang an ein regulärer Linienflug der Air France über Paris vorgesehen.

Der von Anfang an breite Protest und die öffentliche Aufmerksamkeit schien die Sonderbehandlung zu fördern, die man Felix Otto als Gefangenem  zuteil werden ließ. Nicht nur zu Gerichtsterminen, sondern auch zu Arzt- und Krankenhausbesuchen wurde er gefesselt wie ein Schwerverbrecher geführt.
Vor und nach einer gerichtlichen Anhörung am 24.6. unterbanden seine Wächter die Kontakte mit Freunden, als einen Tag später eine Kundgebung gegen seine Inhaftierung vor dem Gefängnis stattfand, verlegte man ihn eine möglichst weit von der Aktion entfernte Zelle.

Mit dem Bekanntwerden des Abschiebetermins nahmen die Repressalien zu und verfolgten offensichtlich das Ziel der Einschüchterung und  völligen Abschirmung von Unterstützern von außen.

Am Donnerstag  gelangen zwei letzte Telefonate mit ihm. Im ersten wurde er durch die Karawane für die Rechte der Flüchtlinge und MigrantInnen von der bevorstehenden Abschiebung informiert. Im nächsten und letzen Telefonat, das wir mit ihm führen konnten, teilte er uns mit, dass man ihn daraufhin in Hand- und Fußschellen in eine videoüberwachte Einzelzelle gebracht hätte. Seine Kleider wurden ihm abgenommen.  Begründet wurde diese Maßnahme mit Suizidgefahr. Obwohl man auf Nachfrage der Anwältin am
Freitag behauptete, dass es nicht stimme, dass er in der Zelle gefesselt wäre, wurde ihm in der Folge der Kontakt nach außen verweigert. Es versetzte uns in Sorge, dass wir trotz seiner schwierigen Situation drei Tage lang nichts von ihm hörten. Dass ihm die Telefonate verboten wurden, bestätigte Felix Otto am Montag,  als einige Personen nach einem weiteren Gerichtstermin die Gelegenheit wahrnahmen, ein paar Worte mit ihm zu sprechen – trotz  der Versuche der  bewachenden Beamten, dies zu
verhindern.

Der Gefängnisarzt äußerte sich  am Montag gegenüber der Anwältin, dass er
sich zu dem Vorwurf, Felix Otto sei geschlagen worden, nicht äußern könne.

Auch der Transport zum Flugzeug heute erfolgte abgeschirmt.  Im Flugzeug
wurde er, wie Passagiere berichteten, von BGS-Beamten unter Kontrolle
gehalten und in Paris sofort der französischen Polizei übergeben.

In den letzten Wochen hatten Hunderte Menschen Felix Ottos Fall verfolgt
und sich in Fax-Kampagnen und mit Telefonaten mit dem thüringischen
Innenministerium gegen seine Inhaftierung und Abschiebung eingesetzt. In
einer Eilaktion wandten sich gestern  und heute zahlreiche Menschen in
Sorge um Felix Otto an Air France und forderten den Flugkapitän auf, den
Transport Felix Ottos zu verweigern.  Ca. 35 Personen demonstrierten in
einer Kundgebung auf dem Flughafengelände lautstark gegen seine
Abschiebung nach Kamerun und gegen die Kollaboration des Airports und der
Air France mit den deutschen Abschiebebehörden.

Dennoch ignorierten die für die Abschiebung zuständigen Stellen und das
Innenministerium das große öffentliche Interesse am Schicksal Felix Ottos
hartnäckig. Auch die die Abschiebung durchführende Fluglinie Air France
reagierte auf Nachfragen abweisend.

Wir  verurteilen die Kollaboration der Air France mit dem deutschen
Abschiebesystem und werden die Airline zur Verantwortung dafür ziehen.

Wir sind  besorgt um den Gesundheitszustand von Felix Otto, der in den
letzten Wochen immer wieder in ärztlicher Behandlung war und um seine
Sicherheit in Kamerun, in dem Menschenrechtsverletzungen an der
Tagesordnung sind und Oppositionelle systematisch verfolgt werden. Als
abgeschobener politischer Asylsuchender gilt er als jemand der dem Land
ein negatives Image gegeben hat und ist somit gefährdet.

Der erklärte kalte Krieg des Thüringer Staates gegen die Organisation The
VOICE  und gegen die Selbstorganisation von Flüchtlingen seit den frühen
90ern, der sogar zur Verweigerung der Aufnahme von Afrikanern in Thüringen
geführt hat, wird ein wichtiger Fokus und eine wichtige Herausforderung
bleiben in unserer Entschlossenheit, unseren Kampf gegen die organisierte
Kriminalisierung und gegen die fortgesetzte Unterdrückung von Flüchtlingen
in Thüringen und Deutschland weiterzuführen.

Die jüngsten Entwicklungen um Felix Otto werden ein wichtiger
Tagesordnungspunkt in unserer Konferenz über „Koloniales Unrecht“  vom 9.
bis 13. September 2009 in Jena sein. Dort werden wir die koloniale
Apartheid, die sich in der Behandlung von Felix Otto manifestiert,
deutlich machen. Alle Aktivisten und Personen, die diese Kampagne so
engagiert und vielfältig unterstützt haben, sind zu dieser Konferenz
herzlich eingeladen, die Abschiῥbungen, Kontrollenᾬ
Bewegungsbeschränkung und Lagerisolierung von Flüchtlingen genau
fokussieren wird.

Das  bundesweite Netzwerk der Karawane für die Rechte der Flüchtlinge und
MigrantInnen und die Unterstützung derer, die an unsere Arbeit glauben,
war von großer Wichtigkeit dafür, kontinuierlich auf das Problem die
Misshandlung und Entwürdigung von Flüchtlingen aufmerksam zu machen.
Viele, viele andere Flüchtlinge sind noch immer davon und von der Gefahr
der Abschiebung betroffen.

Stoppt Abschiebungen!

Protestiert gegen koloniales Unrecht und sein Apartheidssystem!

Abschaffung von Residenzpflicht und Isolationslagern!

Solidarität ist unsere Waffe!

The VOICE Refugee Forum Jena
Adresse:  Schillergässchen 5, 07745 Jena
Tel. Handy 0049(0) 17624568988,
Fax:  03641 / 42 02 70,
E-Mail:  thevoiceforum@emdash.org,
Internet:  http://www.thevoiceforum.org
Gegründet: 1994, Arbeitsweise: Kampagnen,Aktionen, Vernetzung.
Publikationen: E-Newsletter

Grüne und Linke-Politiker in Sachsen-Anhalt fordern Schließung von Lager Möhlau

Laut MDR vom 6. Juli fordern Grünen-Politiker und Linke  in Sachsen-Anhalt jetzt die Schließung der Lagers Möhlau. Wir begrüßen diese Forderung!!

Nach dem tragischen Ereignis, bei dem der irakische Flüchtling aus Möhlau, Azad Murad H. , schwerste Brandverletzungen erlitt, deren Ursache noch unklar ist, wurde das Flüchtlingsheim von zahlreichen Journalist/innen aufgesucht. Diese thematisierten teilweise auch die unwürdigen Lebensverhältnisse für die ca. 200 Bewohner/innen. Das Lager ist nun auch Gegenstand ernster Überlegungen in der Politik, zumindest von Seite der Grünen und der Linkspartei. Bei dem Landratsamt zeigt man sich jedoch starrköpfig und will von Änderungen nichts wissen. Immer wieder wird übrigens von Seiten der Flüchtlingshilfe nachgewiesen, dass eine Unterbringung in Wohnungen überhaupt nicht teurer käme als die Lagerunterbringung. Dem Landratsamt geht es offenbar nur darum, keine Kritik zuzulassen und sich als der Härtere zu zeigen.

MDR, 6.7. : “Im Landkreis Wittenberg ist unterdessen ein Streit um das Asylbewerberheim in Möhlau entbrannt. Die Grünen in Sachsen-Anhalt fordern, dass das Heim geschlossen wird und die Bewohner in Wohnungen untergebracht werden. Das sei bereits in anderen Kreisen üblich, billiger für den Landkreis Wittenberg als Heimbetreiber und fördere zudem eine stärkere Integration der Asylbewerber. Die Linke erklärte ebenfalls, aus ihrer Sicht gebe es keinen Grund, auch Menschen ohne deutschen Pass nicht in ganz normalen Wohnungen wohnen zu lassen. Darüber hinaus forderte die Partei, die Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz von 80 auf 100 Prozent des Existenzminimums heraufzusetzen.

Der zuständige Landkreis wies diesen Vorstoß entschieden zurück. Die Verantwortlichen sähen keine Dringlichkeit, die Einrichtung zu schließen, sagte Uwe Lesch, Fachdienstleiter Ordnung. Nur vereinzelte Wohnungen in dem Asylbewerberheim seien in einem nicht so guten Zustand. Das Heim könne außerdem für die Bewohner einen größeren Schutz bieten, weil es durchgehend bewacht werde.”

Nico P. bei der Härtefallkommission

Bericht der Antirassistischen Initiative Berlin: Im Verwaltungsverfahren auf Erteilung eines Aufenthalts für Nico P. lehnt OVG Magdeburg vorläufigen Rechtsschutz ab.
Nico P. am 30.6.2009 in Härtefallkommission Sachsen-Anhalt aufgenommen – dennoch schikaniert Ausländerbehörde Burg Nico P. weiter.
Dem Flüchtling Nico P. aus Benin droht Abschiebung trotz eingetragener Partnerschaft seit Februar 2007.

Im Verwaltungsverfahren auf Erteilung eines Aufenthalts für Nico P. lehnt OVG Magdeburg vorläufigen Rechtsschutz ab.
Nico P. am 30.6.2009 in Härtefallkommission Sachsen-Anhalt aufgenommen – dennoch schikaniert Ausländerbehörde Burg Nico P. weiter.
Dem Flüchtling Nico P. aus Benin droht Abschiebung trotz eingetragener Partnerschaft seit Februar 2007.

Im Rechtsverfahren um einen Aufenthalt für Nico P. ist es nach der Zuspitzung Ende Juni jetzt zu einer einstweiligen Entspannung gekommen. Am 22.6.2007 hatte das Oberverwaltungsgericht (OVG) Magdeburg den Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz mit juristischen Kapriolen in letzter Instanz abgelehnt. Die Ausländerbehörde Burg nahm an jetzt endlich die Möglichkeit zu haben Nico P. abzuschieben. Dies versuchte sie auch sofort umzusetzen. Noch am selben Tag zog sie die Duldung zurück und händigte Nico eine “Grenzübertrittsbescheinigung (GÜB)” von einer Woche bis zum 30.6.2009 aus. Bis zu diesem Zeitpunkt soll Herr P. nach Willen der Ausländerbehörde nach Benin ausgereist sein.
Seit dem 30.6. ist er nun in die Härtefallkommission aufgenommen. Sie entscheidet Ende Juli darüber ob „dringende humanitäre oder persönliche Gründe“ vorliegen, die dazu führen dass ihm Bleiberecht zugestanden werden muss. Solange die Härtefallkommission arbeitet, ist die Ausreiseaufforderung ausgesetzt. Dennoch hat die Ausländerbehörde Burg seine „GÜB“ vorgestern lediglich um 2 Wochen verlängert, wohl um ihn zu schikanieren., da sie ansonsten momentan nicht handeln können.

Nico P. lebt seit 2003 in Deutschland als Flüchtling aus Benin. Seit Februar 2007 ist er mit einer transsexuellen Partnerin in Berlin verheiratet. Die Ausländerbehörde Burg möchte ihn nur in eine Richtung gehen lassen: nach Afrika. Nico ist in Burg (Sachsen-Anhalt) im Asylbewerberheim untergebracht, er darf Burg nur mit Erlaubnis der Ausländerbehörde verlassen (“Residenzpflicht”) und bis zuletzt wird ihm trotz verschiedener Arbeitsplatzangebote eine Arbeitserlaubnis verweigert.

Als Antirassistische Initiative stehen wir schon mehrere Jahre in Kontakt zu Herrn P. und haben in dieser Zeit mehrfach rassistische und homophobe Schikanen der bislang zuständigen Ausländerbehörde in Burg,
Sachsen-Anhalt öffentlich gemacht. Zuletzt haben wir anlässlich des zweiten Hochzeitstages des Paars in Burg einen “transgenialen Polterabend” veranstaltet, um die Ausländerbehörde auf die Nicos Recht auf Leben bei der Partnerin (Unverletzbarkeit der Ehe und Familie), Aufenthalt und Arbeit hinzuweisen. Nicos Antrag auf Aufenthalt nach seiner Eheschließung wurde über mehr als zwei Jahre verschleppt. In dieser Zeit argumentierte die Ausländerbehörde zunächst mit einem laufenden Residenzpflichtverfahren, dann verwies sie darauf, dass eine eingetragene Partnerschaft nicht unter den Schutz der Familie nach Grundgesetz falle, inzwischen
behauptet sie, der Abschluss eines Ehevertrags verweise auf eine Scheinehe. Wir halten dieses Vorgehen für rechtswidrig und schikanös.

Die geforderte Ausreise nach Benin würde das Paar auf unabsehbare Zeit trennen, ist teuer und unnötig. Sie befriedigt lediglich die rassistischen und transphoben Bedürfnisse der Ausländerbehörde Burg.

Mehr auf der Webseite der ARI unter:
http://www.ari-berlin.org/themen/homo/homo.htm