Grüne und Linke-Politiker in Sachsen-Anhalt fordern Schließung von Lager Möhlau

Laut MDR vom 6. Juli fordern Grünen-Politiker und Linke  in Sachsen-Anhalt jetzt die Schließung der Lagers Möhlau. Wir begrüßen diese Forderung!!

Nach dem tragischen Ereignis, bei dem der irakische Flüchtling aus Möhlau, Azad Murad H. , schwerste Brandverletzungen erlitt, deren Ursache noch unklar ist, wurde das Flüchtlingsheim von zahlreichen Journalist/innen aufgesucht. Diese thematisierten teilweise auch die unwürdigen Lebensverhältnisse für die ca. 200 Bewohner/innen. Das Lager ist nun auch Gegenstand ernster Überlegungen in der Politik, zumindest von Seite der Grünen und der Linkspartei. Bei dem Landratsamt zeigt man sich jedoch starrköpfig und will von Änderungen nichts wissen. Immer wieder wird übrigens von Seiten der Flüchtlingshilfe nachgewiesen, dass eine Unterbringung in Wohnungen überhaupt nicht teurer käme als die Lagerunterbringung. Dem Landratsamt geht es offenbar nur darum, keine Kritik zuzulassen und sich als der Härtere zu zeigen.

MDR, 6.7. : “Im Landkreis Wittenberg ist unterdessen ein Streit um das Asylbewerberheim in Möhlau entbrannt. Die Grünen in Sachsen-Anhalt fordern, dass das Heim geschlossen wird und die Bewohner in Wohnungen untergebracht werden. Das sei bereits in anderen Kreisen üblich, billiger für den Landkreis Wittenberg als Heimbetreiber und fördere zudem eine stärkere Integration der Asylbewerber. Die Linke erklärte ebenfalls, aus ihrer Sicht gebe es keinen Grund, auch Menschen ohne deutschen Pass nicht in ganz normalen Wohnungen wohnen zu lassen. Darüber hinaus forderte die Partei, die Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz von 80 auf 100 Prozent des Existenzminimums heraufzusetzen.

Der zuständige Landkreis wies diesen Vorstoß entschieden zurück. Die Verantwortlichen sähen keine Dringlichkeit, die Einrichtung zu schließen, sagte Uwe Lesch, Fachdienstleiter Ordnung. Nur vereinzelte Wohnungen in dem Asylbewerberheim seien in einem nicht so guten Zustand. Das Heim könne außerdem für die Bewohner einen größeren Schutz bieten, weil es durchgehend bewacht werde.”

Lager Möhlau. Dieser Alltag ist struktureller Rassismus, und die Heimleitung scheut das Licht der Öffentlichkeit

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Wie wir vor wenigen Tagen berichteten, kam der irakische Flüchtling Azad Murad H., der in dem Flüchtlingslager Möhlau in Sachsen-Anhalt lebt, in der Nacht zum Dienstag von einem  Spaziergang schwerstverletzt zurück. Mit schweren Brandverletzungen wurde er ins Krankenhaus gebracht, wo er seitdem im künstlichen Koma liegt.

Als Azad Murad nach hause zu seiner Frau kam, sagte er ihr, dass ihn “Nazis fertiggemacht” hätten, danach verlor er das Bewußtsein. Es ist also von einem rassistischen Angriff auf ihn auszugehen. Für die Bewohner/innen des Heims ist das nahe liegend. Immer wieder haben sie Diskriminierungen und Bedrohungen erlebt. Die völlig marode NVA-Kaserne von Möhlau liegt in einem Waldstück drei Kilometer von dem kleinen Ort Raguhn entfernt – in einer gesellschaftlichen Wildnis, exponiert. Anfang Mai haben sich Unbekannte vor dem Heim herumgetrieben, die einen Benzinkanister bei sich hatten.

Die Polizei ermittelt nun, und nun wird ein neuer Umstand in die Nachforschungen mit einbezogen: In derselben Nacht hat sich um 1 Uhr 25 in Dessau-Roßlau in einem Dönerladen eine Explosion ereignet.

Es wird auch in der Richtung weitergeforscht und davon ausgegangen, dass der Verletzte davon betroffen war.  Die Mitteldeutsche Zeitung  formuliert zusätzlich die tendenziöse Frage, ob Azad Murad H. die Explosion selbst herbeigeführt hätte – das ist eine infame Wendung in der Berichterstattung, wobei Azad Murads eigene, gegenteilige Äußerung in den Wind geschlagen wird! Hier zeigt sich wieder, dass für den deutschen öffentlichen Konsens die Worte der Flüchtlinge abgewertet werden. Was ist denn mit dieser  Möglichkeit: Dass ein rassistischer Brandanschlag auf den Dönerladen stattgefunden hatte – denn dessen Besitzer war syrischer Herkunft – wobei auch Azad Murad verletzt wurde? Über diese Möglichkeit schweigt die Mitteldeutsche Zeitung. In einem früheren, ausführlicheren Bericht kam die Journalistin Katrin Löwe hier noch auf die Situation der Bewohner/innen zu sprechen – das erscheint viel mehr angebracht.Denn es ist höchste Zeit, dass sich ihre Lebensverhältnisse ändern.

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Während die genauen Umstände noch im Dunkeln verbleiben, wollen wir von Möhlau sprechen, von der Situation der Flüchtlinge, und von der Tatsache der rassistischen Gefahren in Sachsen-Anhalt. Diese lassen sich nicht wegleugnen. Im vergangenen Jahr forderte der rechte Mob in diesem Bundesland drei Todesopfer. Wie viele sollen noch folgen, bevor die deutsche Bevölkerung aufwacht? Unter diesen Umständen wird es Mitverantwortung von Administration und Regierung bedeuten, sowie die in der verlassenen Waldkaserne untergebrachten Flüchtlinge erstmals zum Opfer von Angriffen werden.

Möhlau ist ein Beispiel von strukturellem Rassismus in Deutschland – die ausgegrenzte Lage im Wald, die menschenunwürdigen Lebensverhältnisse, die Restriktion mit der Residenzpflicht. Es ist eines von vielen Beispielen – wie Katzhütte, Bramsche-Hesepe, Bahnsdorf, Trier- der administrativen und politischen Gewaltausübung gegen Flüchtlinge durch Lagerpolitik. Ungefähr 200 Menschen müssen hier leben- zwischen löcherigen Wänden, verrotteten alten Möbeln aus der DDR-Zeit. Es sind viele Familien mit Kindern unter ihnen. Ein Schulbus wird zur Verfügung gestellt, davon abgesehen gibt es keine finanzielle Unterstützung für Bus- oder Bahnfahrten für die Bewohner/innen. Die “Verlassensgestattung” der Ausländerbehörde, um den Landkreis zu verlassen, wird so gut wie nie erteilt. Die Bewohner/innen erzählten uns, dass sie die Behörde in diesem Punkt als “absolut strikt” erleben. Im Vergleich dazu seien die benachbarten Behörden, wie  z. B. in Halle, weniger streng. Es ist ganz deutlich das Zusammenwirken von Unterkunfts- und Residenzpflichtauflage zu beobachten, wodurch die Betroffenen ausgegrenzt werden sollen. Ihre Abhängigkeit wird ihnen jeden Tag bewusst gemacht. Kinder und Jugendliche müssen hier aufwachsen mit dem gesellschaftlichen Stigma und mit dem Gefühl der Ohnmacht.

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Im April dieses Jahres hatten die Bewohner/innen von Möhlau einen Offenen Brief an den Landrat in Wittenberg geschickt, in dem sie die schlimmen Lebensverhältnisse zur Sprache brachten, soziale Sicherheit und Wohnungen für sich forderten. “Wir werden zur Zielscheibe rechtsextremer Übergriffe”, schrieben sie. Der Landrat sah keine Notwendigkeit, sich mit den Flüchtlingen an einen Tisch zu setzen und über Änderungen nachzudenken. In einem junge-Welt-Bericht vom Mai 2009 äußerte der Landratssprecher Ronald Gauert, die geschilderten Missstände seien “übertrieben”, teilweise “falsch”. >  Offener_Brief_der_Flüchtlinge_in_Moehlau

Wenn, wie der Landrat behauptet, alles zum besten steht, warum scheuen dann die Heimleiter/innen das Licht der Presse? Dies berichtete die Karawane nach dem schlimmen Vorfall des Azad Murad H.: “Am Mittwoch kam Razak Minhel vom Dessauer Multikulturellen Zentrum mit Presse zum Lager Möhlau. Die Heimleiterin Frau Salzmann ließ das Tor verschließen und verweigerte den Zutritt. Es sei Privatbesitz. (Besitzer des ehemaligen Kasernengeländes ist Marcel Wiesemann.) Hiergegen protestierten die Flüchtlinge heftig. So musste die Heimleitung die Presse auf das Lagergelände lassen. Sie verweigerte es aber der Presse, in die Wohnungen der Flüchtlinge zu gehen, obwohl dies der private Wohnbereich der Flüchtlinge ist. Über die Wohnsituation der Flüchtlinge konnte so nichts an die Öffentlichkeit gelangen.” Ganzen Bericht lesen

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Wir müssen damit einmal mehr feststellen, dass Flüchtlingen selbst das Recht zur Verfügung über privaten Wohnraum versagt wird – also den Journalist/innen ihre eigenen Behausungen betretbar zu machen, wenn sie es wünschen. Ebenso hatte ja auch seinerzeit die Verwaltung im Lager Katzhütte (Thüringen) anlässlich der Flüchtlingsproteste das Betreten der Räume für Journalist/innen unterbinden wollen. Die Administration im vermeintlich freiheitlich-demokratischen Deutschland fürchtet das Tageslicht, das auf Pressspan-Möbel, offenliegende Stromleitungen, verrostete Wasserhähne fällt. Hier zeigt sich die Schwachstelle der Grundordnung: wenn die vorgeschobenen Behauptungen der Behörden und der Politiker/innen einmal mit der Realität abgeglichen werden, wenn Journalist/innen oder Bürger/innen einmal selbst den Augenschein prüfen wollen.

“Jeder hat als Mitglied der Gesellschaft das Recht auf soziale Sicherheit und Anspruch darauf, durch innerstaatliche Maßnahmen und internationale Zusammenarbeit sowie unter Berücksichtigung der Organisation und der Mittel jedes Staates in den Genuss der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte zu gelangen, die für seine Würde und die freie Entwicklung seiner Persönlichkeit unentbehrlich sind.” (Art. 22, Allgemeine Erklärung der Menschenrechte)

Das Lager Möhlau, wie auch die vielen anderen Lager in Deutschland, sind das tägliche Beispiel für die Ausgrenzung und Unterdrückung der Flüchtlinge mitten in der Gesellschaft. Und auch noch die Ignoranz der Behörden, die jetzt der leidenden Familie des Azad Murad H. keine eigene Wohnung in einer Stadt zur Verfügung stellen, sondern sich nur hinter Rechthaberei verschanzen will, führt diese Unterdrückung fort. Möhlau muss geschlossen werden – dafür werden wir weiter aktiv bleiben.

4.7.09 – T.A.P.

Nico P. bei der Härtefallkommission

Bericht der Antirassistischen Initiative Berlin: Im Verwaltungsverfahren auf Erteilung eines Aufenthalts für Nico P. lehnt OVG Magdeburg vorläufigen Rechtsschutz ab.
Nico P. am 30.6.2009 in Härtefallkommission Sachsen-Anhalt aufgenommen – dennoch schikaniert Ausländerbehörde Burg Nico P. weiter.
Dem Flüchtling Nico P. aus Benin droht Abschiebung trotz eingetragener Partnerschaft seit Februar 2007.

Im Verwaltungsverfahren auf Erteilung eines Aufenthalts für Nico P. lehnt OVG Magdeburg vorläufigen Rechtsschutz ab.
Nico P. am 30.6.2009 in Härtefallkommission Sachsen-Anhalt aufgenommen – dennoch schikaniert Ausländerbehörde Burg Nico P. weiter.
Dem Flüchtling Nico P. aus Benin droht Abschiebung trotz eingetragener Partnerschaft seit Februar 2007.

Im Rechtsverfahren um einen Aufenthalt für Nico P. ist es nach der Zuspitzung Ende Juni jetzt zu einer einstweiligen Entspannung gekommen. Am 22.6.2007 hatte das Oberverwaltungsgericht (OVG) Magdeburg den Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz mit juristischen Kapriolen in letzter Instanz abgelehnt. Die Ausländerbehörde Burg nahm an jetzt endlich die Möglichkeit zu haben Nico P. abzuschieben. Dies versuchte sie auch sofort umzusetzen. Noch am selben Tag zog sie die Duldung zurück und händigte Nico eine “Grenzübertrittsbescheinigung (GÜB)” von einer Woche bis zum 30.6.2009 aus. Bis zu diesem Zeitpunkt soll Herr P. nach Willen der Ausländerbehörde nach Benin ausgereist sein.
Seit dem 30.6. ist er nun in die Härtefallkommission aufgenommen. Sie entscheidet Ende Juli darüber ob „dringende humanitäre oder persönliche Gründe“ vorliegen, die dazu führen dass ihm Bleiberecht zugestanden werden muss. Solange die Härtefallkommission arbeitet, ist die Ausreiseaufforderung ausgesetzt. Dennoch hat die Ausländerbehörde Burg seine „GÜB“ vorgestern lediglich um 2 Wochen verlängert, wohl um ihn zu schikanieren., da sie ansonsten momentan nicht handeln können.

Nico P. lebt seit 2003 in Deutschland als Flüchtling aus Benin. Seit Februar 2007 ist er mit einer transsexuellen Partnerin in Berlin verheiratet. Die Ausländerbehörde Burg möchte ihn nur in eine Richtung gehen lassen: nach Afrika. Nico ist in Burg (Sachsen-Anhalt) im Asylbewerberheim untergebracht, er darf Burg nur mit Erlaubnis der Ausländerbehörde verlassen (“Residenzpflicht”) und bis zuletzt wird ihm trotz verschiedener Arbeitsplatzangebote eine Arbeitserlaubnis verweigert.

Als Antirassistische Initiative stehen wir schon mehrere Jahre in Kontakt zu Herrn P. und haben in dieser Zeit mehrfach rassistische und homophobe Schikanen der bislang zuständigen Ausländerbehörde in Burg,
Sachsen-Anhalt öffentlich gemacht. Zuletzt haben wir anlässlich des zweiten Hochzeitstages des Paars in Burg einen “transgenialen Polterabend” veranstaltet, um die Ausländerbehörde auf die Nicos Recht auf Leben bei der Partnerin (Unverletzbarkeit der Ehe und Familie), Aufenthalt und Arbeit hinzuweisen. Nicos Antrag auf Aufenthalt nach seiner Eheschließung wurde über mehr als zwei Jahre verschleppt. In dieser Zeit argumentierte die Ausländerbehörde zunächst mit einem laufenden Residenzpflichtverfahren, dann verwies sie darauf, dass eine eingetragene Partnerschaft nicht unter den Schutz der Familie nach Grundgesetz falle, inzwischen
behauptet sie, der Abschluss eines Ehevertrags verweise auf eine Scheinehe. Wir halten dieses Vorgehen für rechtswidrig und schikanös.

Die geforderte Ausreise nach Benin würde das Paar auf unabsehbare Zeit trennen, ist teuer und unnötig. Sie befriedigt lediglich die rassistischen und transphoben Bedürfnisse der Ausländerbehörde Burg.

Mehr auf der Webseite der ARI unter:
http://www.ari-berlin.org/themen/homo/homo.htm