Grußwort von Ulla Jelpke zur Demonstration und Kundgebung „Nein zu Rassismus, Nein zu Ausgrenzung, Für Zivilcourage“ am 27.05.2018

Gerade heute ist es wichtig gegen Rassismus und Ausgrenzung auf die Straße zu gehen, denn die Rassisten und Hetzer geben im Bundestag zunehmend den Ton an. Damit meine ich nicht nur die AfD, sondern auch jene aus Union und FDP, die ihnen in Sachen Menschenfeindlichkeit und Ausgrenzung nacheifern. Die Anwesenheit der AfD-Hetzer im Bundestag hat zu einer verhängnisvollen Kettenreaktion geführt. Kaum fordert die AfD die Abschiebung von Flüchtlingen nach Syrien, wollen wenig später die Innenminister der Union prüfen, ob Abschiebungen dorthin möglich sind. Die AfD will die deutschen Grenzen dicht machen, und Bayerns Innenminister Herrmann übernimmt diese Forderung und verlangt systematische Kontrollen an allen bundesdeutschen Grenzen.

Außerdem haben wir es mit einem fatalen Zusammenspiel zwischen Rassisten auf der Straße und im Parlament zu tun. Während der rassistische Mob auf der Straße und an den Wahlurnen mobil macht, heizen seine Vertreter*innen um Bundestag die Stimmung weiter an, und das Anbiedern der FDP und Union an die Forderungen der AfD bietet den Schlägern und Hetzern außerhalb des Bundestages die gewünschte Bestätigung.

Wir erleben einen massiven Grundrechtsbruch durch die Verweigerung des Familiennachzugs für subsidiär Geschützte. Mit völlig überzogenen Behauptungen über die Zahl von Familienangehörigen, die angeblich nachziehen würden, hat die Union die flüchtlingsfeindliche Stimmung im Land weiter angeheizt – und die SPD ist dabei mitgezogen. Noch vor der Sommerpause soll die Abschaffung des Rechts auf Familiennachzug für subsidiär Schutzberechtigte endgültig besiegelt werden. Die monatlichen 1000er-Kontingente sind nichts weiter als ein Tropfen auf den heißen Stein. Tausende werden weitere Jahre in Kriegsgebieten oder katastrophalen Flüchtlingslagern ausharren müssen, in der Hoffnung eines Tages doch die eigenen Eltern oder Kinder wiederzusehen.

Auch die Debatte um den sogenannten Skandal im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) ist Teil einer rassistischen Kampagne. Beim BAMF bestehen systematische Mängel, das kritisieren wir seit Jahren. Schlecht geschultes Personal, unqualifizierte Dolmetscher*innen, die Trennung in Anhörer*in und Entscheider*in, ein hoher Zeitdruck und zweifelhafte interne Weisungsvorgaben führen dazu, dass das BAMF Fehlentscheidungen wie am Fließband produziert. 40 Prozent der beklagten Entscheidungen werden deswegen von den Gerichten bei inhaltlicher Prüfung kassiert. Wenn Flüchtlingen vom BAMF Unrecht angetan wird, stört das offenbar kaum jemanden. Wenn aber die Frage im Raum steht, ob ausnahmsweise fehlerhafte Bescheide zu Gunsten der Flüchtlinge ausgestellt wurden, ist das Geschrei groß. Das entlarvt den rassistischen Kern der Debatte.

Dabei muss doch eins klar sein: kein Mensch flieht ohne Grund. Die Länder des globalen Nordens sind ganz wesentliche Verursacher von Verhältnissen, die Menschen weltweit zur Flucht zwingen. Das tödliche Geschäft mit Waffen und Panzern, die Verwüstung der Umwelt, die Ausplünderung von Rohstoffen, die Vernichtung lokaler Ökonomien durch sog. Freihandelsabkommen – all das sind Fluchtursachen, die hier beginnen, die von hier ausgehen. Deswegen bedeutet antirassistischer Widerstand zugleich entschlossenen Widerstand gegen den globalen Kapitalismus.